Geschichtswanderung mit Hans Sigrist am 20.08.2016

Wendet man sich am Anfang dieses Wanderweges nach Südosten, trifft der Blick auf den „Alten Weg“, welcher bis 1907 der einzige Fahrweg auf den Allerheiligenberg war. Die vereinzelten Steinpodeste am Wegrand entlang erinnern an den einstigen Kreuzweg, dessen vierzehn Stationen vom Gnöd hinauf bis zur Kapelle führten, die „Maria und aller Heiligen“ geweiht war, eine Pilgerstätte, welche 200 Jahre lang von Kranken und Geheilten aufgesucht wurde und welcher der Berghof seinen heutigen Namen Allerheiligenberg verdankt. 1910 fiel die Kapelle dem Bau des Sanatoriums zum Opfer.

Der Wuesthof

Doch zurück zu unserer Wanderroute, dem neuen Weg, welcher 1955 von der Bürgergemeinde für den Holztransport gebaut wurde und oberhalb des Wuesthofes verläuft. Das vor 600 Jahren urbar gemachte Land war früher unter dem Namen Hodlismatt bekannt, wurde in den Akten jedoch als „Berkiswil“ geführt. Der Gebietsname Wuest wird 1564 zum ersten Mal erwähnt. Als 1680 die Patrizierfamilie Grimm aus Solothurn den Allerheiligenberg-Hof erwirbt, gehört das Areal des Wuesthofes auch dazu. Es ist anzunehmen, dass Familie Grimm nicht nur die zum Allerheiligenberg-Hof gehörende Kapelle erbauen liess, sondern auch den Wuesthof. Nach mehreren Eigentümerwechseln wird dieser heute in der vierten Generation von Roman Nussbaumer bewirtschaftet.

Das Lehen im Wuest

1680 erlaubte der Rat in Solothurn den Hägendörfern, das westlich des Wuesthofes gelegene „Lehen im Wuest“ als Weide zu nutzen. 1801 verkaufte die in Geldnöten steckende Helvetische Regierung das ganze Areal der Gemeinde Hägendorf. Diese nutzte es anfänglich weiterhin als Sömmerungsweide. Später verpachtete sie es parzellenweise als Heumatten.

Anfang des 20. Jahrhunderts nahm das Interesse am abgelegenen Mattland ab, und als die Bürgergemeinde 1951 keine einheimischen Pächter mehr fand, verpachtete sie das Land an zwei Wangner, die es wieder als Viehweide nutzten. Das anfänglich von Hirten bewohnte, inzwischen aber leerstehende und schwer zugängliche „Lauberhüttli“ am Grossen Rank stammt noch aus dieser Zeit.

Vom Dräjerswägli zum Drootziejer

Nach der Hälfte der 3.8 km langen Strecke stiegen wir zur Wuesthöchi (965m) auf, einem schönen Aussichtspunkt, wo sich der Weg in drei Richtungen teilt. Auf dem Dräjerswägli, dessen Name sich möglicherweise auf die vielen Weg-Windungen bezieht, wanderten wir der Nordflanke des Drootziejers entlang. Der Name des Waldstücks „Drootziejer“ geht auf einen Drahtzug (Fabrikation von Eisendraht) in Olten zurück, welcher das Holz zum Erhitzen des Eisens aus diesem Waldgebiet bezog. Dann ging es steil abwärts zur ehemaligen Höhenklinik und zur Bergwirtschaft zurück.

Auf wenigen Kilometern erfuhren wir viele Details aus der lebendigen Geschichte unseres Hausberges. Die Älteren unter uns hatten zudem ihre Erinnerungen aufgefrischt, hatten sie doch selber noch erlebt, wie man bis Mitte des letzten Jahrhunderts mit Ross und Wagen Land- und Holzwirtschaft betrieb.

 

Lucia Isenmann

 

 

Wuesthöchi 966m
Wuesthöchi 966m
Lehen im Wuest  nach einer Karte von 1758
Lehen im Wuest nach einer Karte von 1758